VCD erneuert Kritik am neuen Fahrplan für die Kraichgaubahn und fordert sofortigen Unterwegshalt der Regionalzüge in Leingarten

Die Heilbronner Stimme hatte in einem Artikel über die neuen Bahnverbindungen auf der Kraichgaubahn und die Kürzungen bei der Stadtbahn-Linie S4 zum Fahrplanwechsel im Dezember 2022 auch den VCD zitiert und erneut die Jubelmeldungen der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) und des Landesverkehrsministeriums zum neuen RegionalExpress RE 45 verbreitet. Dem VCD geht es dabei nicht um „einige Schnellzüge, die gestrichen wurden“, wie die Heilbronner Stimme schreibt. Vielmehr kritisiert der VCD die grundsätzlichen Verschlechterungen und Zugstreichungen, die mit dem neuen Fahrplankonzept auf der Kraichgaubahn umgesetzt wurden und dazu führen, dass viele Fahrgäste nun umsteigen müssen oder bestimmte Ziele überhaupt nicht mehr in einer attraktiven Fahrzeit erreichen. Bei der Stadtverwaltung in Heilbronn ist man sich der Dramatik der S4-Kürzungen bis heute nicht bewusst. Von Seiten der Stadt heißt es nur lapidar:

Bezüglich der Fahrplanänderung der S4 sehen wir auch die Vorteile der neuen, enger getakteten schnelleren Verbindung nach Karlsruhe. Der Heilbronner Osten ist ja außer durch die Stadtbahn auch noch durch die Buslinien 1 und 11 abgedeckt.

Sprecherin der Stadt Heilbronn

Fahrgäste, die bisher Direktverbindungen hatten, sollen also auf den Bus umsteigen und längere Wege in Kauf nehmen. Wie die Stadt Heilbronn so ihre hochgesteckten Klimaziele erreichen und mehr Fahrgäste in Bus und Bahn locken will, bleibt für den VCD rätselhaft. Der VCD fordert daher die verantwortlichen Aufgabenträger das Land Baden-Württemberg, den Landkreis Heilbronn sowie die Stadt Heilbronn dazu auf, umgehend im Rahmen des Mobilitätspaktes Heilbronn und unter Beteiligung der Fahrgäste einen runden Tisch einzurichten und dafür zu sorgen, dass das in zwanzig Jahren Stadtbahn Heilbronn etablierte Angebot auf der S4 wieder hergestellt wird. Der VCD fordert zudem, Leingarten mit rund 11.000 Bewohner*innen umgehend wieder an den überregionalen Bahnverkehr anzubinden und dort stündlich mit dem RE 45 in beide Richtungen zu halten, da es fahrplantechnisch keinerlei Begründung dafür gibt, Leingarten abzuhängen.

Der neue RE 45 kommt in Heilbronn Hbf fast grundsätzlich mit Verspätung an, da das vorhandene Fahrplankonzept so nicht funktioniert. ©SCRITTI

Nachfolgend nochmals die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema S4:

Was meint der VCD zum neuen RegionalExpress RE 45 zwischen Heilbronn Hbf und Karlsruhe Hbf? 
Der VCD begrüßt die stündlichen Schnellverbindungen zwischen Heilbronn Hbf und Karlsruhe Hbf mit rund 70-73 Minuten Fahrzeit in komfortablen Nahverkehrszügen an allen Wochentagen mit Anschluss zum Fernverkehr auf der Rheintalbahn in Karlsruhe Hbf als längst überfälliges, zusätzliches Angebot. Der VCD hat stets den Einsatz allein von unbequemen Straßenbahnen mit unattraktiver Fahrzeit auf solch langen Strecken kritisiert. Einen Bericht über die Fahrt mit dem neuen RE 45 gibt es in diesem Blogbeitrag.

Was kritisiert der VCD konkret?
Der VCD kritisiert seit langem, dass in diesem Zusammenhang:
– der 15-Minuten-Takt und ein in 20 Jahren gut eingespieltes System bei der S4 rund um Heilbronn zerstört wurde, ohne rechtzeitig in Kooperation mit der Region für Problemlösungen im Sinne der Fahrgäste zu sorgen
– dass die Kraichgaubahn auf Grunde des umgesetzten Fahrplankonzeptes – welches auch anders gestaltet werden kann! – komplett von den wichtigen Anschlüssen zur vollen Stunde in Heilbronn Hbf in alle Richtungen abgehängt wurde
– dass Leingarten vom RE 45 nicht mehr angefahren wird und damit ebenso von den überregionalen Anschlüssen abgehängt wurde
– dass eine stündliche, verspätungsanfällige S4-Langläuferlinie mit Straßenbahnen wieder eingeführt wurde, die nun von Karlsruhe Albtalbahnhof bis Öhringen-Cappel verkehrt mit allen Unterwegshalten
– dass das einfach zu merkende Taktsystem zerhackstückt wurde, zum Beispiel mit temporären Stummelfahrten Weinsberg – Heilbronn Hbf ohne weitere Anschlüsse

Abgehängt 1: Von Weinsberg aus gibt es seit Dezember 2022 keine schnellen Direktverbindungen mehr mit dem S4-Eilzug in Richtung Karlsruhe oder in die Heilbronner Innenstadt. Auch von den Regionalzügen aus Richtung Schwäbisch Hall gibt es keinen Anschluss mehr in Richtung Karlsruhe. ©SCRITTI

Was sagt der VCD zum bisherigen S4-Eilzug?
Der bisherige S4-Eilzug verkehrte bis zum Fahrplanwechsel 2022 jede Stunde bis 20 Uhr von Karlsruhe Hbf durch die Innenstadt bis Heilbronn und durch die Innenstadt bis Weinsberg, wo es einen kurzen Übergang am gleichen Bahnsteig von/zum RE 80 Schwäbisch Hall/Crailsheim gab. Der neue RE 45 verkehrt nun eine halbe Stunde versetzt zum bisherigen Eilzug und endet in Heilbronn Hbf. Die bisherigen S4-Eilzug-Verbindungen zwischen Heilbronn Hbf und Weinsberg sind fast komplett entfallen. Damit wurde auch Weinsberg von der Heilbronner Innenstadt abgehängt.

Was ist mit den bisherigen Sprinter-Zügen passiert?
Neben den S4-Eilzügen wurden auch die bisherigen, stark nachgefragten S4-Sprinter-Züge abgeschafft. Diese legten die Verbindung Karlsruhe Hbf – Heilbronn Hbf (z.B. ab 18:20 Uhr) in genau 60 Minuten zurück und fuhren dann noch weiter bis Öhringen Cappel (an 20:05 Uhr). Wenn man jetzt den RE 45 um 18:15 Uhr ab Karlsruhe Hbf nutzt, gibt es in Heilbronn Hbf weder direkten Anschluss in die Innenstadt noch in Richtung Öhringen.

Abgehängt 2: Wenn der RE 80 aus Schwäbisch Hall und Öhringen in Heilbronn Hbf ankommt, gibt es keinen Anschluss mehr in Richtung Leingarten, Eppingen oder Karlsruhe.

Wie steht es um die Anschlüsse zwischen S4 und RE?
Wenn der RE 45 zur Minute :22 in Heilbronn Hbf ankommt, gibt es im Gegensatz zu früher keinen Anschluss mit der S4. Die nächste S4 in die Innenstadt und nach Weinsberg/Öhringen fährt erst 14 Minuten später zur Minute :36. Einzelne Verdichterfahrten mit der S4 zur Minute :21 vom Bahnhofsvorplatz nach Eschenau werden vom RE 45 verpasst. Wenn der RE 80 aus Richtung Schwäbisch Hall zur Minute :52 in Heilbronn Hbf ankommt, fährt zeitgleich die S4 am Bahnhofsvorplatz ab, und es gibt 30 Minuten lang keine Verbindung nach Leingarten, Schwaigern oder Eppingen. Vor dem Fahrplanwechsel konnte man mit dem S4-Eilzug zur Minute :07 weiterfahren oder gleich in Weinsberg vom RE auf die S4 umsteigen.

Das Land behauptet aber, dass die Zugzahlen sich kaum verändert hätten?
Das Land rechnet im Bericht der Heilbronner Stimme vor, dass die Zugzahlen auf der Strecke angeblich zugenommen hätten. Der VCD fragt jedoch: Welche Fahrten wurden hier genau gezählt? Von wo nach wo? Im neuen Fahrplan gibt es S4-Fahrten von Heilbronn-Pfühlpark nach Heilbronn Hbf, die sicherlich eine bisherige Fahrt Öhringen – Heilbronn – Eppingen nicht ersetzen können. Trotzdem fährt hier natürlich jeweils ein Zug.

Dass sich Stadtbahnen in Heilbronn begegnen, passiert nicht so oft, da es in Ost-West-Richtung teils nur zwei Fahrten pro Stunde gibt, in Richtung Norden gerade mal drei. Wie man so Autofahrer zum Umsteigen bewegen will? ©SCRITTI

Wie sieht es tatsächlich mit den Zugzahlen der S4 aus?
Die VCD-Recherche belegt: Ab Weinsberg gibt es aktuell Mo-Fr mit der S4 nur noch 47 Fahrten, von denen auch nur noch eine pro Stunde über Schwaigern hinaus führt. Vor dem Fahrplanwechsel waren es 58 Bahnen, davon tagsüber stündlich mindestens 3, in der Hauptverkehrszeit 4 weitgehend im Taktverkehr mindestens bis Schwaigern und ein bis zweimal pro Stunde durchgehend bis Karlsruhe. In der Heilbronner Innenstadt verkehren ab Harmonie in Richtung Schwaigern aktuell nur noch 65 Bahnen, 14 weniger als noch im Dezember 2022 mit 79 Bahnen von montags bis freitags. Von 8:40 Uhr bis 12:40 Uhr etwa fahren nur noch zwei Züge pro Stunde durch die Heilbronner Innenstadt von Pfühlpark bis Heilbronn Hbf statt früher 4 im Prinzip alle 15 Minuten! In den Stunden bis 19 Uhr gibt es einzelne Verdichter, die aber nur von Pfühlpark oder von Weinsberg bis Heilbronn Hbf führen.

Wie sieht es bei den Reiseketten aus?
Entscheidend ist für den VCD nicht die Zahl der täglichen Züge, sondern das Funktionieren von Reiseketten im Rahmen eines stündlichen Taktfahrplans, und diese wurden nachweislich durch die NVBW-Planung zerstört. Zum Beispiel jene von Karlsruhe Hbf über Heilbronn, Crailsheim bis Nürnberg Hbf (und in Gegenrichtung). Sämtliche Anschlüsse zur vollen Stunde in Heilbronn Hbf zum Beispiel in Richtung Heidelberg/Mannheim, Schwäbisch Hall, Lauffen/Besigheim werden aus Richtung Eppingen, Schwaigern und Leingarten nicht mehr erreicht, weil die S4 genau dann am Bahnhofsvorplatz ankommt, wenn alle anderen Züge gerade abgefahren sind. Das Gleiche gilt für die Gegenrichtung.

Die NVBW behauptet weiterhin, wegen des eingleisigen Abschnitts Leingarten – Schwaigern könne der RE 45 in Leingarten nicht halten, stimmt das?
Der VCD kann diese Behauptung nicht nachvollziehen, da der RE 45 zwischen Heilbronn und Schwaigern im Grundtakt keinen Gegenverkehr hat, der ihn behindern könnte. Wenn der RE 45 aus Karlsruhe kommend zur Minute :12 in Schwaigern Bahnhof abfährt, ist die S4 bereits zur Minute :08 angekommen. Das Gleiche gilt für die Gegenrichtung: Wenn der RE 45 in Heilbronn Hbf zur Minute :34 abfährt, ist die S4 aus Schwaigern gerade angekommen und die Strecke ist bis Schwaigern frei. Beide Züge würden sich zudem auf diesem zweigleisigen Abschnitt auch nicht behindern. In Schwaigern Bahnhof kommt der RE aus Heilbronn zur Minute :45 an, während die S4 in die Gegenrichtung zur Minute :48 abfährt. Es wäre also auch in Richtung Karlsruhe ohne Probleme im Fahrplan möglich, mit dem RE 45 in Leingarten zu halten. Zur Erinnerung: Es war bislang trotz eingleisigem Abschnitt Leingarten West – Schwaigern über 20 Jahre lang kein Problem, vier Züge pro Stunde und Richtung im Takt zu fahren.

Gibt es trotzdem RE-Züge, die in Leingarten halten?
Obwohl dies angeblich aus fahrplantechnischen Gründen nicht möglich sei, hält ausgerechnet in der Hauptverkehrszeit mit dem meisten Zugverkehr der RE 45 in Leingarten um 7:16 Uhr und kommt wie alle anderen RE 45 zur Minute :22 in Heilbronn Hbf an. Der bisher verkehrende S4-Eilzug hat im Fahrplan genau wie der RE 45 zehn Minuten von Schwaigern Bahnhof bis Heilbronn Hbf benötigt und konnte dabei problemlos in Leingarten halten.

Was fordert der VCD für Leingarten?
Der VCD fordert, Leingarten mit rund 11.000 Bewohner*innen umgehend wieder an den überregionalen Bahnverkehr anzubinden und dort stündlich mit dem RE 45 in beide Richtungen zu halten.

2 Gedanken zu „VCD erneuert Kritik am neuen Fahrplan für die Kraichgaubahn und fordert sofortigen Unterwegshalt der Regionalzüge in Leingarten

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