Nachdem bereits seit dem vergangenen Jahr immer wieder Züge der Deutschen Bahn (DB)-Tochter Westfrankenbahn auf der Hohenlohebahn zwischen Heilbronn, Schwäbisch Hall und Crailsheim ausfallen, verschlimmert sich die Lage zunehmend. Nachdem sich auch das Land Baden-Württemberg seit zwei Jahren weigert, die immer noch bestehenden Taktlücken beim RegionalExpress (RE) zu schließen und auch auf der Hohenlohebahn wie andernorts den Landesstandard zu garantieren, ist eine verlässliche und zeitlich akzeptable Reise von Heilbronn aus Richtung Osten kaum mehr möglich. Dabei nutzen immer mehr Fahrgäste aus der Region die Fahrt über die Hohenlohebahn, um zum Beispiel in Nürnberg auf den Fernverkehr Richtung Berlin oder München umzusteigen. „Das ist eine bequeme und oft sogar günstigere Alternative als die Fahrt auf den üblichen Verbindungen über Mannheim, Würzburg oder Stuttgart“, erläutert Michael Schwager vom VCD Regionalverband Hall-Heilbronn-Hohenlohe. Doch leider werde diese immer seltener nutzbar.

„Ich bin seit Februar wirklich erschüttert, die Züge der Westfrankenbahn kommen regelmäßig nicht. Ich kann mich nicht mehr auf die Bahn verlassen“, berichtet auch Florian Vollert, Heilbronner Kreisrat und Mitglied im MOBI-Netzwerk Heilbronn, der regelmäßig zwischen Weinsberg und Schwäbisch Hall pendelt. „Während am Anfang auch unangemeldete Ausfälle meinen weiteren Terminplan durcheinander brachten, sind es nun reihenweise komplett ausfallende Züge.“ So sei am 1. Juni 2022 zum Start des 9-Euro-Tickets zwischen 14 und 21 Uhr überhaupt kein Zug mehr von Schwäbisch Hall nach Weinsberg und Heilbronn gefahren.
Als Grund nennt die Westfrankenbahn immer wieder Personalmangel. Aufgrund des nach wie vor erhöhten Krankenstands beim Fahrpersonal gilt ab 20. Juni 2022 bis voraussichtlich 31. Juli 2022 nun ein Ersatzfahrplan. Unter der Woche fallen täglich mindestens sieben Fahrten je Richtung zwischen Crailsheim und Heilbronn aus und werden durch Schienenersatzverkehr (SEV) ersetzt.
Diese SEV-Busse verkehren allerdings nur von/bis Öhringen Bahnhof und benötigen für die Strecke mit rund einer Stunde Fahrzeit doppelt so lange wie die Bahn. In Öhringen Bahnhof muss von/zur Stadtbahnlinie S4 umgestiegen werden. Da der SEV-Bus aus Schwäbisch Hall jedoch erst zur Minute :04 in Öhringen ankommt und je nach Verkehrssituation im Stau stehen wird, dürfte der Anschluss zur S4 mit Abfahrt um 19:04 Uhr oder 21:04 Uhr nicht zu halten sein.

Auch in die Gegenrichtung werden mit Ankunft des SEV-Busses in Schwäbisch Hall-Hessental zur Minute :07 sämtliche Anschlüsse in Richtung Stuttgart und Nürnberg um wenige Minuten verpasst. Es muss dann fast eine Stunde auf die nächste Bahn gewartet werden. Man bekomme immer mehr den Eindruck, Land und Bahn würden alles geben, um die Menschen in der Region Heilbronn-Franken von der Nutzung des Öffentlichen Verkehrs abzuhalten, kommentiert der VCD und fragt, warum es im großen DB-Konzern keine Ersatzlokführer für die Westfrankenbahn gibt.
Mein HNV-Ticket könnte ich zurückgeben. Das möchte ich aber nicht, ich möchte, dass ich mit dem Zug fahren kann.
Florian Vollert, Heilbronner Kreisrat
Florian Vollert fährt mittlerweile wieder mit dem Auto. „Mein HNV-Ticket könnte ich zurückgeben. Das möchte ich aber nicht, ich möchte, dass ich mit dem Zug fahren kann.“ Deshalb fordert er dringend Abhilfe. Der aktuelle Zustand sei untragbar und verhindere einen Umstieg der Menschen vom Auto auf die Bahn.
Den Ersatzfahrplan zum Download gibt es auf der Webseite des HNV.
Leider spiegelt der Artikel die Realität sehr genau. Wirklich aufgefallen ist dieses Problem mir erst seit mein Sohn in Bayreuth studiert und daher die Bahn regelmäßig in Richtung Osten nutzt. Leider scheint auch den meisten unserer Politiker in der Region das Defizit nicht bewußt zu sein, oder sie sind immer noch der Ansicht, dass vor allem ein Ausbau der A6 die Region voranbringen wird.
Selbst in Heilbronn hat man noch nicht begriffen, dass das Thema Fernverkehr bis auf weiteres nicht kommen wird und die einzige Abhilfe schnelle Verbindungen (nach IRE Muster) nach Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Würzburg und Nürnberg sind. Vor allem die Richtung Nürnberg ist hier extremst vernachlässigt (keinerlei umsteigefreie Verbindung), obwohl sie geschwindigkeitstechnisch am ehesten das Potential auf schnellen Vekehr hat, vorausgesetzt man setzt die Schiene wieder instant und beseitigt die zahlreichen Langsamfahrstellen.
Auf der anderen Seite scheint die Westfrankenbahn aber alles zu tun um ihre Fahrgäste in Richtung Osten zu verprellen – verpasste Anschlüsse, ausgefallene Züge – um so die Alternative erst gar nicht aufkommen zu lassen und die Vekehrsbündelungsstrategie der DB (man prüfe wie oft bei der Bahnverbindungssuche die Route über Würzburg oder Stuttgart favorisiert wird) zu stützen.
Ich behaupte, dass ohne politischen Willen und gezieltem Unterstützen eine Verkehrswende hier garantiert nicht gelingen wird. Im Gutachterentwurf zum Deutschlandtakt mit ausschließlichem Nahverkehr auf der Hohenlohebahn (HN-SHA-Hessental) ist dieses Vorgehen eigentlich schon zementiert.