Heilbronn: Autoarme Stadtteile funktionieren – wenn Stadtbahn und Busse fahren

In ihrer wöchentlichen Kolumne schreibt Redakteurin Tanja Ochs in der Heilbronner Stimme vom 24. Juni 2021 zum Thema Neckarbogen, dass in dem neuen, als „autoarm“ geplanten Stadtteil von Heilbronn ein Parkhaus gebaut werde, weil die Bewohner eben nicht auf das Auto verzichten wollten: „Das autoarme Konzept ist nicht aufgegangen, weil es an der Lebenswirklichkeit vorbeigeht. Klimaschutz scheitert oft an der Bereitschaft zu eigenen Einschränkungen.“

Leere Straßen: Der Neckarbogen in Heilbronn ist als autoarmer Stadtteil konzipiert. Der öffentliche Verkehr wurde bislang vergessen. ©SCRITTI

Einspruch! liebe Frau Ochs. Ein autoarmes Konzept kann funktionieren, wie Städte wie Freiburg anschaulich demonstrieren. Voraussetzung: Die Bewohner*innen müssen ein attraktives Mobilitätsangebot mit Alternativen zum Auto erhalten. Hier hat die Stadt Heilbronn leider von Anfang an komplett versagt. Der Öffentliche Verkehr (ÖV) im neuen Stadtteil wurde bei der Planung offenbar komplett vergessen.

Im Freiburger Stadtviertel Vauban etwa gibt es keine Stellplätze vor den Häusern, dafür wurde das grüne Viertel von Anfang an mit der Straßenbahn an den ÖV angebunden. Die Tram verkehrt im Minutentakt. Zudem gibt es an jeder Ecke Car-Sharing-Möglichkeiten, Mieträder und gut ausgebaute Radwege in alle Richtungen.

Fahrt ins Grüne: Mitten durch den Freiburger Stadtteil Vauban fährt alle fünf Minuten die Straßenbahn und schafft gute und schnelle Verbindungen in die Innenstadt. ©SCRITTI

Der VCD hat von Anfang an kritisiert, dass die Heilbronner Stadtbahn als ökologisches und umweltfreundliches Verkehrsmittel nicht durch den neuen Stadtteil Neckarbogen geführt wird. Bis zum heutigen Tag gibt es in dem Viertel keinerlei attraktive Anbindung an den ÖV. Die Fußwege zu den umliegenden Stadtbushaltestellen an der Neckarbrücke oder am Europaplatz sind viel zu lang. Zu Regionalbussen gibt es überhaupt keinen Anschluss, so dass man noch nicht einmal bequem nach Neckarsulm fahren kann. Dabei wäre es kein Problem, zum Beispiel mit einem Midi-Bus einen Kreisverkehr Neckarbogen – Europaplatz – Innenstadt – Hauptbahnhof – Hafenstraße – Neckarbogen einzurichten. Außer dem Radweg parallel zum Neckar – wobei dieser ohne Fortsetzung im Wohlgelegen endet – gibt es zudem keine brauchbaren Radwege-Anbindungen in andere Richtungen.

Vorbildliche Planung: Im Freiburger Stadtteil Vauban stehen den Bewohner*innen neben gut ausgebauten Radwegen auch Leihfahrräder oder Car-Sharing zur Verfügung. Auf ein eigenes Auto kann bequem verzichtet werden. ©SCRITTI

Die Bewohner*innen des Stadtteils Neckarbogen können noch nicht einmal einfach und schnell den in Sichtweite befindlichen Hauptbahnhof erreichen. Wenn die neue Brücke über die Bahngleise fertig ist, wird sie für Radfahrende nur mit Aufzügen zu benutzen sein, und es wird keinerlei Zugang zu den darunterliegenden Bahnsteigen geben. Wer etwa zu Gleis 5 oder 6 will, muss aus Richtung Neckarbogen einen riesigen Umweg über die Bahnhofshalle und durch die Unterführung machen. 

Warum sollte man unter solch miserablen Bedingungen also auf das Auto verzichten?

Weitere Infos und Fotos zum Freiburger Stadtteil Vauban finden sich als Reisetipp im SCRITTI.Blog.

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Ein Gedanke zu „Heilbronn: Autoarme Stadtteile funktionieren – wenn Stadtbahn und Busse fahren

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