Am Samstag, den 10. Oktober 2020 stand beim Landesverband Baden-Württemberg des ökologischen Verkehrsclub Deutschland VCD eine weitere Exkursion zu vorbildlichen ÖPNV-Projekten in Baden-Württemberg auf dem Programm. Dieses Mal trafen sich die rund 20 Teilnehmer*innen im VCD Regionalverband Hall-Heilbronn-Hohenlohe in Schwäbisch Hall, um vor allem etwas über die Organisation des Nahverkehrs im ländlichen Raum und den Einsatz von E-Bussen bei der Stadtbus Schwäbisch Hall GmbH zu erfahren, siehe hierzu auch der Bericht vom VCD-Landesverband. Los ging es für die Teilnehmer*innen der Exkursion am Bahnhof Schwäbisch Hall-Hessental, wo sich jeweils zur vollen Stunde die Regionalzüge treffen und Umsteigemöglichkeiten in alle drei Richtungen bieten. Schwäbisch Halls Oberbürgermeister Hermann-Josef Pelgrim erläuterte die Pläne zur Modernisierung des Bahnhofumfeldes, nachdem die Stadt das Bahnhofsgebäude erst jüngst übernehmen und den jahrzehntelangen Verfall bremsen konnte. Der Warteraum im Bahnhof präsentiert sich nun in lichtem Ambiente, und die jahrelang geschlossenen Toiletten sind auch wieder zugänglich.

Annette Sawade berichtete als regionale Vertreterin der Allianz pro Schiene über den jahrelangen Kampf für ein zeitgemäßes Bahnhofsumfeld und den barrierefreien Zugang zu den Bahnsteigen, die bislang nur über eine Unterführung mit Treppen erreichbar sind. Anschließend ging es mit einem der drei modernen Elektrobusse vom Stadtbus Schwäbisch Hall zum Betriebshof des Tochterunternehmens der Transdev-Gruppe im Gewerbegebiet am Stadtrand.
Geschäftsführer Michael Dalhof, Betriebsleiterin Sabine Dannemann und Werkstattleiter Rainer Hofmann begrüßten die Besucher*innen mit Getränken und belegten Brötchen. Zunächst berichtete Michael Dalhof über die sehr positiven Erfahrungen mit den drei Elektrobussen, die seit Oktober 2019 auf den Stadtbuslinien im Einsatz sind und über die technischen Herausforderungen, die mit dem Projekt verbunden waren und weiterhin sind. Unter anderem musste in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Schwäbisch Hall im Betriebshof ein neuer Transformator und Ladestationen für bis zu zehn E-Busse installiert werden. Das Personal sei von den neuen Fahrzeugen begeistert, sagte Dalhof. „Mit der neuen Technik holen sie jeden Busfahrer ab.“ Jeder wolle der erste sein an dem neuen Hightech-Arbeitsplatz, für den alle Fahrer*innen geschult werden.






Werkstattleiter Rainer Hofmann beantwortete Fragen zur Technik der Busse vom Typ Solaris Urbino, die mit einem neu entwickelten Antrieb der Firma Voith ausgestattet wurden und eine Reichweite von rund 200 Kilometern haben. Die Busse seien täglich überwiegend im Stadtverkehr Schwäbisch Hall im Einsatz und legen im Monat zwischen 4.000 und 4.500 Kilometer zurück. Sie hätten eine Verfügbarkeit von 98 Prozent. Störungen gebe es kaum, falls doch, seien dies meist etwa auf Türen zurückzuführen. In der Regel werden die Busse über Nacht geladen, falls nötig auch mal in der Mittagspause des Fahrpersonals. Dann steige die Kapazität der Batterien schnell wieder auf 60 bis 80 Prozent.
„Die Erfahrung zeigt: Wenn man gute Angebote schafft, kommt auch die Nachfrage.“
Ingrid Kühnel, Kreisverkehr Schwäbisch Hall
Ingrid Kühnel, Geschäftsführerin vom Aufgabenträger Kreisverkehr Schwäbisch Hall erläuterte die Pläne des Landkreises, das ÖPNV-Angebot in der Fläche weiter zu verbessern, um mehr Fahrgäste zu gewinnen. Derzeit prüfe man, nach dem Vorbild in Stuttgart die Zahl der Tarifzonen von 100 auf 30 zu reduzieren, auch im Heilbronner Verkehrsverbund HNV wolle man diese auf etwa 100 halbieren. Das E-Ticket, welches im Landkreis Kolibri-Card heißt, bringe dauerhaft Kunden und könne auch fürs Car-Sharing oder für Parkgebühren genutzt werden. Auch das seit 20 Jahren existierende Rufbus-System solle weiter ausgebaut und noch attraktiver werden. Mit Angeboten wie dem Kleinbus Cityflitzer, der außerhalb der Hauptverkehrszeiten in Gaildorf seine Runden dreht, könne man auch für kleinere Städte interessante Angebote schaffen. Kühnel stellt fest: „Die Erfahrung zeigt: Wenn man gute Angebote schafft, kommt auch die Nachfrage.“

Jochen Röhler, einer der Geschäftsführer des privaten Busunternehmens Röhler Touristik, berichtete ebenfalls über die Erfahrungen aus vier Jahren E-Bus-Betrieb im ländlichen Raum. Röhler hatte zur Landesgartenschau in Öhringen 2016 erstmals drei Elektrobusse mit einem neu entwickelten Antrieb von Ziehl-Abegg in Betrieb genommen, die immer noch im täglichen Einsatz seien und sich trotz anfänglichen Kinderkrankheiten bewährt hätten.
Die Teilnehmer*innen der VCD-Exkursion zeigten sich sehr interessiert an dem Thema und geizten nicht mit Fragen zu den E-Bus-Projekten. Nach dem Überreichen von Präsenten durch VCD-Landesvorsitzenden Matthias Lieb und dem obligatorischen Gruppenfoto ging es am Ende der Veranstaltung mit einem nagelneuen eCitaro von Mercedes-Benz von Röhler Touristik zurück in die Innenstadt von Schwäbisch Hall. (mgr)